Wie viel kostet Qualität?

 Als ich das Krankenhaus nach der Schleimbeutel-Punktion verließ, bemerkte ich im Eingangsbereich eine Informationstafel über Qualitätssicherungsmaßnahmen und Kriterien zur Qualitätssicherung, welche in diesem Krankenhaus beachtet werden und durch welche sich dieses auszeichnet.

Ich selber hatte gerade eben die hohe hygienische und fachliche Qualität in Bezug auf die Durchführung der Punktion erleben dürfen, was ich mit großem Respekt anerkenne. Besonders hebe ich hervor, dass ich diese Leistung als Versicherungsleistung gratis in Anspruch nehmen kann. Mir ist bewusst, dass beides in den meisten Ländern der Welt nicht in annähernd gleichem Maß möglich ist.

Qualität noch zu steigern, wenn sie schon ein hohes Maß erreicht hat, ist meist nur durch besonders hohen finanziellen Aufwand möglich. In dieser Hinsicht dürfte unser Gesundheitssystem aber schon einen Plafond erreicht haben.

Ich möchte hingegen Maßnahmen zur Steigerung der Qualität im Gesundheitswesen vorschlagen, die praktisch nichts kosten. Sie beziehen sich auf die unmittelbare Förderung des Wohlbefindens von Menschen, die die Dienste des Krankenhauses in Anspruch nehmen müssen. 

  • Die Wartezeit vor der Punktion verbrachte ich im Aufenthaltsbereich. Dort waren zwei Fernseh-Apparate aufgestellt. Der Ton war leise gestellt, man konnte dem Gesagten nicht wirklich folgen. Die Lautstärke war aber doch so, dass sie sich nicht ignorieren ließ und ich nicht meinen Gedanken nachhängen oder im mitgebrachten Buch lesen konnte. Ich konnte aber auch nicht vor einem Fernseher flüchten, da am anderen Ende des Raumes der andere wartete. Auf diese akustische Zwangsbeglückung reagierte ich mit Anspannung, was nicht zu meinem Wohlbefinden beitrug.
  • Weder dem Arzt noch dem Pfleger hätte es mehr als eine halbe Minute gekostet, mein Knie anzugreifen, es zu berühren. Die Berührung hätte ihnen weiteren Aufschluss über den Zustand meines Knies gegeben, den weder ein Röntgenbild noch eine andere Apparate-Diagnostik geben kann. Oder sie hätten es einfach so getan, zweckfrei. Während dieser Berührung hätten sie mich anschauen, mir eine Frage stellen können. Ich hätte mich wahrgenommen gefühlt. Ich hätte durchgeatmet, mich entspannt, meinerseits vielleicht eine Frage gestellt. Vermutlich hätte ich sie dankbar angelächelt. Sie hätten also auch von mir was bekommen. In sozialen Berufen mit hoher Burnout-Rate ist gerade das besonders wichtig.
  • Echt kritisch anmerken muss ich die nicht vorhandene Positionsunterstützung bei der Durchführung der Punktion. (Siehe Du bist Knie). Positionsunterstützung ist grundsätzlich eine zentrale Aufgabe von Pflegenden. Fehlt diese, so mindert das die Qualität der Dienstleistung empfindlich. Entsprechend steigt sie, wenn sie fachgerecht durchgeführt wird. Die dafür nötigen Materialien sind nicht teuer. Und das Fachwissen sollte vorhanden sein.  
  • Als ich weg ging, hätte mir eine Frage im Sinn von „Werden Sie abgeholt, oder soll der Portier Ihnen ein Taxi rufen?“ gut getan. Wahrscheinlich hätte ich eifrig versichert, eh gut zurecht zu kommen, und mich auf Grund des gezeigten Interesses schon wieder besser gefühlt.

 Meine Ansicht ist, dass Pflegende auf Grund ihres Auftrages und ihrer Ausbildung im von mir exemplarisch aufgezeigten Sinn zur Förderung der (Lebens- und Gesundheits-) Qualität in Gesundheitseinrichtungen beitragen sollen. Aber, wo sind diese mit Hausverstand, Fachkenntnis und Eigenverantwortung ausgezeichneten Fachpersonen?

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