Hintergründe für die teilweise extreme Armut eines großen Teils der Bevölkerung der Demokratischen Republik Kongo

Um die heutige Situation des Kongo ein wenig zu verstehen, braucht es einen Rückblick auf die belgische Kolonialgeschichte von den 1880er Jahren bis 1960. Sie war von brutalster Ausbeutung, Unterdrückung und Zwangsarbeit gekennzeichnete. Dieser folgte die vollkommen überstürzte und entsprechend unglücklich verlaufende Entlassung des Landes in die Unabhängigkeit im Jahr 1960.

Es verlangt auch einen sehr kritischen Blick auf das fortwährende Ausüben von politischer und wirtschaftlicher Dominanz des ehemaligen Kolonialherrn Belgien, aber auch von Europa, den USA, des Internationalen Währungsfonds.

Der demokratisch gewählte Ministerpräsident Patrice Lumumba wurde 1961 nach nur sieben Monaten Amtszeit unter Mitwirkung des US-Geheimdienstes nach schwerer Folterung ermordet. Dies geschah, um die wirtschaftlichen und hegemonialen Interessen Europas und insbesondere der USA zu sichern. Es folgten Jahre des Bürgerkriegs mit Sezessionsbestrebungen der an Rohstoffen besonders reichen, im Osten des riesigen Landes gelegenen Provinzen.

1965 putschte sich der Armeestabschef Joseph Mobutu Sese Seko an die Macht. Er hatte an der Ermordung Lumumbas, seines früheren Mitkämpfers für die Unabhängigkeit, maßgeblich mitgewirkt. Mobutus Diktatur dauerte über dreißig Jahre. Sie war geprägt von Unterdrückung, Gewalt und Willkür, Misswirtschaft und Korruption, Menschenrechtsverletzungen, dem Ausverkauf des Landes und seiner Bodenschätze. Sie führte zu einem wirtschaftlichen und sozialen Niedergang mit zunehmender Verelendung der Bevölkerung.

Mit dem Ende des kalten Krieges in den 1990er Jahren verloren die USA das Interesse, den Diktatur Mobutu weiter an der Macht zu halten. Der Genozid an den Tutsis im Nachbarland Ruanda 1994, der große Flüchtlingsströme in den Ost Kongo nach sich zog, verzögerte jedoch die  von den USA „genehmigte“ Entmachtung Mobutus. Der Kongo (unter Mobutu „Zaire“) wurde in einen Strudel kriegerischer Ereignisse vor allem im Osten des Landes, der an Uganda, Ruanda und Burundi angrenzt, hineingerissen.

Der Sturz Mobutus 1997 durch Laurent Desiree Kabila führte zu keiner Stabilisierung des Landes. Bis weit über die Jahrtausendwende dauerte der in mehreren Etappen verlaufende „Erste afrikanische Weltkrieg“ mit von der UNO geschätzten vier Millionen Toten. Er hatte unglaubliches und anhaltendes Leid, Vergewaltigungen und Massaker an der  Zivilbevölkerung gebracht und dauert bis zur Gegenwart an.

Quelle: Van Reybrouck, David (2013) Kongo Eine Geschichte. Suhrkamp Taschenbuch 4445

Nach der Ermordung Laurent Kabilas im Jahr 2001 durch einen Leibwächter übernahm Kabilas Sohn Joseph Kabila die Regierungsgeschäfte. Mit Unterbrechungen herrscht er bis zum heutigen Tag als gewählter, jedoch sehr umstrittener Präsident. Seine Regierungszeit ging mit Ende 2016 zu Ende. Leider weigert sich Kabila, Wahlen zuzulassen. Laut Verfassung darf er kein weiteres Mal kandidieren. Die Situation ist im ganzen Land aus diesem Grund sehr angespannt, mit immer wieder kehrenden Ausbrüchen von Gewalt. Diese Stimmung konnte ich bei meinem zweiten Aufenthalt 2016 in Kinshasa deutlich wahrnehmen.

Auf Grund des fast völligen Fehlens staatlicher Gesundheits-, Bildungs- und Sozialeinrichtungen werden diese Aufgaben zu einem großen Teil innerhalb der Familie, durch Selbstorganisation in größeren Zusammenhängen wie der NGO, mit der ich zusammen arbeite, von Missionen, Freikirchen und internationalen NGO`s angeboten.

Nur in seltenen Fällen sind die Angebote kostenfrei. Menschen sterben an einfachen Krankheiten, wenn das Geld für die nötige Behandlung oder für eine Operation fehlt. Bildung ist ein Gut, das nur bekommt, wer dafür bezahlen kann.

Auf diese Weise ist ein großer Teil der Menschen vom wirtschaftlichen und sozialen Fortschritt und von gesellschaftlicher Teilhabe ausgeschlossen.

Abschließende Bemerkung

Trotz der äußerst schwierigen Lebensbedingungen erlebe ich bei vielen Kongolesinnen und Kongolesen große innere Kraft, Solidarität, Lebensmut und Lebensfreude. Dies wirkt auf mich ansteckend und gibt mir den Mut und die Kraft, meinen sehr individuellen und natürlich entsprechend punktuellen Beitrag vor Ort zu leisten.

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