Hat Pflege einen kultursensiblen Auftrag?

Jedes Individuum ist ein kulturell geprägtes Wesen und Mitglied mehrerer unter Umständen auch einander widersprechender Lebenswelten. Dafür sensibel zu sein und diese Sensibilität in der alltäglichen Pflege- und Betreuungsarbeit umzusetzen wird Pflegende der Zukunft auszeichnen. 

 Die Definition von Pflege des International Council of Nurses (ICN), veröffentlicht in der Österreichische Pflegezeitschrift Nr. 02 Feb. 06 lautet:  

Pflege umfasst die eigenverantwortliche Versorgung und Betreuung, allein oder in Kooperation mit anderen Berufsangehörigen, von Menschen aller Altersgruppen, von Familien oder Lebensgemeinschaften, sowie von Gruppen und sozialen Gemeinschaften, ob krank oder gesund, in allen Lebenssituationen. Pflege schließt die Förderung der Gesundheit, Verhütung von Krankheiten und die Versorgung und Betreuung kranker, behinderter und sterbender Menschen ein. Weitere Schlüsselaufgaben der Pflege sind Wahrnehmung der Interessen und Bedürfnisse, Förderung einer sicheren Umgebung, Forschung, Mitwirkung in der Gestaltung der Gesundheitspolitik sowie im Management des Gesundheitswesens und in der Bildung.

Speziell aus der Aussage „Betreuung … von Gruppen und sozialen Gemeinschaften …“ geht hervor, dass Pflegende es als ihre selbstverständliche Aufgabe sehen können, interkulturelle Aspekte in ihre Arbeit einzubeziehen und kulturell sensibel zu handeln.

Ein kurzer berufskundlicher Exkurs zum Berufsbild Pflege soll obige Definition ergänzen.

In Abgrenzung zum ärztlich-medizinischen Bereich haben sich Pflegende immer schon gefragt, was die ureigensten Aufgaben der Pflege sind. Mit Hilfe von verbindlichen theoretischen Modellen haben sie versucht, die einzelnen persönlichen Bilder und Einstellungen der Pflegenden in einem konzeptionellen Modell zusammen fassen. Sie wollten damit die Kommunikation innerhalb des Pflegeberufes ermöglichen und die Darstellung nach außen als eigenständiges Berufsbild bewirken.

In Anlehnung an die Maslow`sche Bedürfnispyramide hat die Pflegetheoretikerin Virginia Henderson die „Grundbedürfnisse“ formuliert. Die Unterstützung bei der Erfüllung grundlegender menschlicher Bedürfnisse wurde als Aufgabe der Pflegenden betrachtet. Von der Pflegewissenschafterin Nancy Ropers wurden diese Grundbedürfnisse präzisiert und „Lebensaktivitäten“ genannt. Die Pflegewissenschafterin Monika Krohwinkel bezog in die Lebensaktivitäten auch (Lebens) Erfahrungen ein. Sie formulierte schließlich die „Aktivitäten und existenziellen Erfahrungen des Lebens“ (AEDL`s). (Seel, Mechthild/Hurlimann, Elke 2005: 31 – 44)

Diese sind:

  • Kommunizieren
  • Sich bewegen
  • Vitale Funktionen des Lebens aufrecht erhalten
  • Sich pflegen
  • Essen und trinken
  • Ausscheiden
  • Sich kleiden
  • Ruhen und schlafen
  • Sich beschäftigen
  • Sich als Mann, Frau oder Kind fühlen und verhalten
  • Für eine sichere Umgebung sorgen
  • Soziale Bereiche des Lebens sichern und gestalten
  • Mit existenziellen Erfahrungen des Lebens umgehen    

Im Pflegeunterricht wird die Frage nach der lebensgeschichtlichen Bedeutung der verschiedenen Lebensaktivitäten für eine bestimmte (pflegebedürftige) Person und den in diesem Zusammenhang gemachten Erfahrungen, der Bearbeitung einer jeden AEDL vorangestellt wird. Kulturelle Sensibilität soll und kann also einen wichtigen Stellenwert in Theorie und Praxis einnehmen, sofern die Rahmenbedingungen dies auch ermöglichen.  

Für Pflege und Betreuung gilt, vor allem wenn sie sich auf die direkte körperliche Unterstützung bezieht: In der unmittelbaren Arbeit am/mit dem Menschen sind letztlich alle Menschen gleich. Da jeder Mensch, jede Person unabhängig von einem möglichen Migrationshintergrund kulturell geprägt ist, muss eine kultursensible Pflege und Betreuung so gestaltet sein, dass sie allen hilfsbedürftigen Menschen zum Vorteil gereicht.

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